BERLIN, 4. Oktober. Deutschlands größte Online-Handelsplattform Ebay hat sich für einschneidende gesetzliche Änderungen zu Gunsten von Kleinhändlern im Internet stark gemacht. Das deutsche Fernabsatzgesetz behindere Existenzgründungen von Online-Versandhändlern, erklärte Ebay-Deutschland-Sprecher Nerses Chopurian im Gespräch mit der Berliner Zeitung. "Die Politik ist gefragt, ob man nicht Umsatzgrenzen bestimmen kann, unterhalb derer das Fernabsatzgesetz nicht mehr gilt", sagte Chopurian.
Hintergrund des Ebay-Vorstoßes ist ein anhängiges Verfahren vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Darin geht es um die Frage, ob für gewerbliche Anbieter auf der Handelsplattform das Auktionsrecht oder das Fernabsatzgesetz gilt (wir berichteten). Sollte der BGH entscheiden, dass gewerbliche Händler bei Ebay grundsätzlich unter das Fernabsatzgesetz fallen, könnten Kunden auch bei einer Online-Auktion ersteigerte Waren binnen 14 Tagen zurückgeben. Ein Kaufvertrag wäre dann wie bei jedem anderen Internet-Geschäft zu Festpreisen gar nicht erst zustande gekommen. Bislang wird von Händlern bei Online-Auktionen hingegen das Versteigerungsrecht angewandt: Dem Höchstbietenden steht deshalb zumeist kein Recht auf Rückgabe der Auktionsware zu.
Chopurian sagte, das deutsche Fernabsatzgesetz baue hohe Hürden gerade für Kleinunternehmer auf. "Nehmen sie einen kleinen Autohändler, der durch den Verkauf über Ebay eine Existenz gründen will: Der kann sich ein vierzehntägiges Rückgaberecht gar nicht leisten", erklärte der Ebay-Sprecher. Die bisherige Regelung behindere so Existenzgründer.
Chopurian stellte klar, dass vom vor dem BGH verhandelten Fall nicht die Angebote von Privatleuten bei Ebay betroffen sind. "Wer seinen Dachboden per Online-Versteigerung räumen will, kann das auch weiterhin wie bisher tun", erklärte der Ebay-Pressechef.
Bei Privatverkäufen werde es nämlich auch künftig kein Rückgaberecht für den Ersteigerer geben - selbst wenn der Bundesgerichtshof entscheiden sollte, dass gewerbliche Anbieter bei Online-Auktionen grundsätzlich dem Fernabsatzgesetz mit seinen Widerrufs- und Rückgaberegeln unterliegen, erklärte der Ebay-Pressechef. Technische Veränderungen seien bei Ebay durch das Bundesgerichtshof-Urteil nicht zu erwarten. Bereits heute würden viele professionelle Ebay-Händler dem Fernabsatzgesetz unterliegen, sagte Chopurian. So würden rund 30 Prozent aller Waren bei Ebay-Deutschland zu Festpreisen angeboten. Wie hoch der Anteil dieser Festpreisangebote unter den vom Ausgang des Rechtsstreits in Karlsruhe betroffenen Händler sei, darüber existierten bei Ebay jedoch keine Erhebungen, hieß es.
Zweitwichtigster Markt weltweit
Laut Angaben des in Kleinmachnow bei Berlin ansässigen Unternehmens besuchen monatlich annährend 16 Millionen Deutsche die Ebay-Webseite. Das sei rund die Hälfte aller Menschen in Deutschland mit Internetzugang, erklärte Chopurian.
Nach dem Ebay-Stammland USA ist der deutsche Markt der zweitwichtigste für das Unternehmen. Im Jahr 2003 erwirtschaftete Ebay Deutschland mehr als die Hälfte der außerhalb der USA erzielten Umsätze von 759 Millionen US-Dollar (611 Millionen Euro). 2003 wurden dabei Waren und Dienstleistungen im Wert von rund fünf Milliarden Dollar über die deutsche Ebay-Plattform gehandelt.
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